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Lernförderliches Feedback mit Künstlicher Intelligenz – Tipps und Tools für den Unterricht

Welche Möglichkeiten eröffnen KI-Anwendungen für das Feedback an Lernende? Wie können Schüler:innen Texte KI-basiert überarbeiten? Wie können Lehrkräfte eigene Aufgaben mit Arbeitsaufträgen, Material und Feedback-Kriterien erstellen? Tipps und Tools für den Unterricht.
Joscha Falck

Joscha Falck

Joscha Falck ist Mittelschullehrer an der Mittelschule Rednitzhembach und Schulentwicklungsmoderator in einem Innovationsteam für digitale Bildung in Mittelfranken, Bayern. Neben seiner Unterrichtstätigkeit (Deutsch, Geschichte, Politik, Informatik) hält er Fortbildungen und berät Schulen und Steuergruppen bei Schulentwicklungsprozessen. Darüber hinaus ist er als Referent, Blogger und Autor tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind: Digitale Medien, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Didaktik des digital gestützten Unterrichtens, digitale Transformation an Schulen, Künstliche Intelligenz in Schule und Unterricht. Er unterstützt die Arbeit von IQES online durch redaktionelle Tätigkeiten und inhaltliche Beiträge. Darüber hinaus bietet er zusammen mit Hauke Pölert IQES-Webinare zum Thema »KI in Schule und Unterricht« an. Kontakt: www.joschafalck.de

Lernförderliches Feedback zeichnet sich dadurch aus, dass es während des Lernprozesses gegeben wird und nicht erst am Ende. So können einzelne Punkte berücksichtigt und von Schüler*innen in die zu erledigende Aufgabe eingearbeitet werden. Wenn möglich, sollten Rückmeldungen zur Aufgabe, zum Prozess, zur Selbstregulation und zum Selbst kontinuierlich gegeben werden, um Lernende zum Denken anzuregen. Ein solches umfassendes und formatives Feedback zielt auf die Verbesserung von Lernen und nicht nur auf die Bewertung des Ergebnisses.

Nun ist es nicht von der Hand zu weisen, dass derartige Rückmeldungen zeitaufwändig und bei größeren Klassen schwer umzusetzen sind – vor allem dann, wenn formatives Feedback stets allen Schüler*innen zugutekommen soll. Der Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz verspricht hier Abhilfe, weil KI-Tools wie ChatGPT Lehrer*innen-Feedback zielgerichtet ergänzen und teilweise sogar ersetzen können.

Noch ohne KI, dafür aber mit zahlreichen anderen Tools habe ich digitales Feedback in meinem Buch »Lernförderliches Feedback im Unterricht« auf folgende Weise eingeteilt und kategorisiert:

Schnelle Rückmeldung aus der Lerngruppe
Automatisierte Kontrolle bei Aufgaben
Peer-Feedback zwischen Lernenden
Lehrer-Feedback für Lernende
Schüler Feedback zum Unterricht
u.a. Mentimeter, Wooclap, Oncoo, Tweedback, …
u.a. Lerning Snacks, LearningApps, Socrativ, KI-Feedback
u.a. Padlet, TaskCards, Conceptboard, Miro, geteilte Dokumente, …
u.a. Audio-Feedback mit HyFee, Qwiqr, geteilte Dokumente, Online-Whiteboards, GoFormative, Screencasts, KI-Feedback
u. a. IQES, FeedbackSchule, Edkimo, Microsoft und Google Forms, …

Tabelle: Aktualisierte Systematisierung digitaler Feedback-Tools [i]

ChatGPT und KI-Feedback hatten es aufgrund des Veröffentlichungsdatums nur noch als Randbemerkung in das Buch geschafft, auch wenn sich zu diesem Zeitpunkt bereits angedeutet hat, dass dieses Thema an Bedeutung gewinnen wird. Aus heutiger Sicht muss Feedback mit Künstlicher Intelligenz an zwei Stellen dieser Kategorisierung ergänzt werden.

Zwei KI-Feedback-Perspektiven

Einerseits übernehmen KI-Tools Funktionen der automatisierten Kontrolle, bspw. bei intelligenten Tutorsystemen wie Bettermarks oder Smart­Response von Westermann. Diese adaptiven Lernsysteme zeichnen sich dadurch aus, dass einem Schüler/einer Schülerin ausgehend von Lern­stands­diagnosen individuelle und zum Lernstand passende Aufgaben zugewiesen werden. Hinzu kommen Korrektur und Verbesserungs­vorschläge während des Bearbeitens sowie ein umfangreiches Monitoring zum individuellen Lernfortschritt.

Andererseits übernehmen KI-Tools Teilbereiche des Lehrer*innen-Feedbacks. Je nach Eingabebefehl (Prompt) können KI-Systeme wie ChatGPT Rückmeldungen formulieren oder als Lernbegleiter eingesetzt werden.

Beide KI-Feedback-Perspektiven werden in Schule und Unterricht an Bedeutung gewinnen, evtl. auch in Mischformen und/oder speziell zugeschnittener KI-Software für den Bildungskontext. Hier zeigt sich schon heute, dass die Sprachmodelle von OpenAI mit Hilfe von Programmier­schnittstellen effektiv genutzt werden können, wenn zusätzliche Funktionen und Eingabemasken zur Verfügung stehen.

Verbesserung der Unterrichtsqualität und Entlastung von Lehrkräften

In diesem Beitrag soll der Fokus zunächst auf die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz im Bereich des Lehrer*innen-Feedbacks gelegt werden. Aus meiner Sicht zeigen sich die Potenziale der neuen Technologie an dieser Stelle besonders deutlich. Das liegt zum einen daran, dass die Unterrichtsqualität durch den Fokus auf eine konstruktive Unterstützung der Lernenden tatsächlich verbessert werden kann. Zum anderen kann KI-Feedback so zu einer echten Entlastung für Lehrkräfte werden und wertvolle Ressourcen freilegen, die z. B. für eine intensive persönliche Lernbegleitung einzelner oder für Beziehungsarbeit genutzt werden können. Der Einsatz von KI im Unterricht hat damit das Stadium der Spielerei überwunden.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, zeichnen sich in diesem Feld des KI-Feedbacks meiner Meinung nach drei Bereiche ab: Feedback durch individuelle Tutorsysteme, Feedback durch KI-basierte Tools zur Textüberarbeitung und kriteriengeleitetes KI-Feedback zu vorgegebenen Aufgaben.

Individuelle Tutorsysteme

Zunächst können Chatbots wie ChatGPT, Microsoft Copilot oder Google Bard als individuelle Tutorsysteme genutzt werden. Lernende können gezielte Prompts verwenden, um sich Fragen beantworten oder Aufgaben stellen zu lassen. Zudem können sie Korrektur oder Feedback zu eigenen Ansätzen anfordern und bspw. Texte, schulische Aufgaben oder Bilder als Content einfügen. Das so erzielte KI-Feedback erfolgt punktuell und wird umso präziser, je mehr Kriterien der KI vorgegeben werden.

Zum kontinuierlichen Lernbegleiter werden KI-Systeme, indem sie durch einen mehrstufigen Prompt (Mega-Prompt) in eine bestimmte Rolle versetzt werden. Mit Hilfe von Verhaltensanweisungen wird der Charakter der Lernbegleitung festgelegt. KI wird dadurch zum Lernpartner und gibt fortlaufend (für die Dauer des Chats) Rückmeldungen zum Lern- und Übungsfortschritt oder zu einem entstehenden Lernprodukt, bspw. bei einer Schreibaufgabe (Ansätze finden sich im IQES-Blog-Beitrag »Lernbegleitung mit ChatGPT Mega-Prompts?« von Hauke Pölert).

Mit Hilfe der selbst konfigurierbaren GPTs von OpenAI können seit November 2023 in diesem Stil sogar eigene KI-Lernpartner erstellt werden, z. B. als Mathe- oder Schreibtutor (bei Abschluss eines ChatGPT Plus-Abos). Der Mega-Prompt als einmalige Verhaltensanweisung wird dabei durch ein prompt-basiertes Verhaltenstraining ersetzt, evtl. erweitert um zusätzliche Informationen, die per Datei-Upload eingespeist werden können.

Beide Einsatzszenarien (punktuelles Feedback und kontinuierliche Lernbegleitung) erfordern umfangreiche Kompetenzen bei der Prompt-Formulierung, beim Lesen und in der Interaktion mit dem KI-System. Gleichwohl können solche Fähigkeiten als Teil des Unterrichts geübt und Prompts von Lehrkräften vorgegeben werden. Da der direkte Zugriff auf ChatGPT bei Schülerinnen und Schülern unter 18 Jahren nicht datenschutzkonform möglich ist, muss jedoch auf andere datenschutz­konforme Tools ausgewichen werden.

KI-basierte Textüberarbeitung

Alternativ zu ChatGPT und Co. können für die Be- und Überarbeitung von Texten spezielle KI-Tools genutzt werden. Für den punktuellen Einsatz empfiehlt sich dabei DeepL Write der Firma DeepL SE, mit dem Texte in Rechtschreibung und Sprache korrigiert und verbessert werden können. Lernende müssen ihren digitalen Text lediglich einfügen, der Überarbeitungsvorschlag erscheint sofort im Fenster daneben. DeepL Write ist damit perfekt geeignet, um Texte Korrektur lesen zu lassen und sprachlich zu glätten. Da das Tool ohne Anmeldung und kostenfrei im Browser genutzt werden kann, eignet es sich für eine niederschwellige Überarbeitungsroutine, z. B. per QR-Code-Aushang im Klassenzimmer. Alternativ, aber weniger niederschwellig und nicht ohne Account nutzbar, kann auf die Schreibassistenz-Software Grammarly oder auf Smodin zurückgegriffen werden.

Wenn zudem inhaltliches Feedback gewünscht ist, können Schülerinnen und Schüler auf den Schreibtutor PEER der TU München zurückgreifen. Diese Anwendung ist ebenfalls kostenfrei, ohne Anmeldung und im Browser nutzbar. Lernende können ihren Text digital oder als Foto einreichen, nachdem sie verschiedene Einstellungen vorgenommen haben (Jahrgangsstufe, Aufsatzart, Bundesland, Aufgabenstellung). Anschließend erhalten sie ein KI-basiertes Feedback, mit dem sie weiter an ihrem Text arbeiten können. Im Unterschied zu DeepL Write erfordert PEER etwas mehr Anleitung, kann dann aber für vielerlei Texte im Deutschunterricht eingesetzt werden.

Kriteriengeleitetes Feedback zu Aufgaben

Bei allen bis hierher vorgestellten KI-Feedback-Tools fehlt die Möglichkeit, dass Lehrkräfte das Feedback ihrer Schüler*innen einsehen können. An dieser Stelle setzt Fiete an, ein Aufgabenmanagement-System, mit dem Lehrkräfte KI-Feedback gezielt zu selbst gestellten Aufgaben einsetzen und auswerten können. Das Besondere daran ist, dass Lehrkräfte bei Fiete eigene Aufgaben mit Arbeitsaufträgen, Material und bis zu sieben Feedback-Kriterien hinterlegen und damit den Fokus der KI »ausrichten« können. Die Aufgabe kann anschließend per Link oder QR-ausgeteilt werden. Lernende benötigen bei Fiete kein eigenes Konto, müssen sich aber bei einer Aufgabe mit einem Namen/Pseudonym »eintragen«. Anschließend wird die Aufgabe in einer ersten Version digital bearbeitet oder als Foto von einem handschriftlichen Text hochgeladen. Nach der Abgabe erfolgt ein individuelles Feedback, das sich auf die hinterlegten Kriterien bezieht. Dank der Visualisierung ist für Schüler*innen klar erkennbar, wo sie ihre Aufgabe verbessern können. Danach beginnt die Phase der Überarbeitung, idealerweise unter Berücksichtigung der Aufgaben-Kriterien (diese können für Schüler*innen sichtbar gestellt werden). Bei der finalen Abgabe erhalten die Lernenden eine zweite Rückmeldung, diesmal mit Bezug auf das erste Feedback. Zudem werden die Lernfortschritte grafisch visualisiert. Lehrkräfte können im Bereich »Ergebnisse« einsehen, wie die Bearbeitung der Aufgabe gelungen ist, wer welchen Text abgegeben hat und welches Feedback darauf gegeben wurde.

Fiete ist damit auch über das Schreiben von Aufsätzen hinaus in vielen Zusammenhängen einsetzbar und ermöglicht es auch Lehrkräften ohne ausgeprägte KI-Erfahrung, Feedback mit Künstlicher Intelligenz passgenau einzusetzen. Die Kombination aus Aufgaben-Management, individueller Lernbegleitung und umfangreiche Möglichkeiten der Auswertung stärken Schüler*innen in der Selbstverantwortung und entlasten Lehrkräfte auf effektive Weise. Alle Schülerinnen und Schüler meiner Klasse (Mittelschule Bayern, Jahrgangsstufe 8) gaben in einer ausführlichen Reflexion im Unterricht an, dass ihnen das KI-Feedback von Fiete sehr geholfen habe. Zudem bestätigen die Rückmeldungen die Vermutung, dass das Feedback von Fiete (und auch das der anderen KI-Tools) als sachbezogen und nicht kränkend wahrgenommen wird – im Unterschied zu persönlichen Rückmeldungen von Lehrkräften, die aufgrund der Beziehungsebene mitunter auch als verletzend wahrgenommen werden können.

Schrittweise einführen – neue Routinen aufbauen

Die verschiedenen KI-Feedback-Tools sind in ihrer Anlage und in ihren Möglichkeiten unterschiedlich und können nicht »einfach so« in den Unterricht integriert werden. Stattdessen erfordern sie eine Einführung, ein gemeinsames Erkunden sowie Reflexionsphasen nach dem ersten produktiven Einsatz. Im Gegensatz zu ChatGPT lässt Fiete etwa sehr viel Steuerung und Kontrolle seitens der Lehrkräfte zu und leitet Lernende detailliert an. ChatGPT hingegen lässt sehr viel Freiheit, ermöglicht weniger Einblick und erfordert ein größeres Maß an Eigenverantwortlichkeit der Lernenden, auch mit Blick auf die Prompt-Kompetenz. Hier kann es zum Beispiel vorkommen, dass das generierte Feedback schon allein deshalb wenig hilfreich ist, weil der Arbeitsauftrag an die KI zu unspezifisch war. Eine Ausnahme bilden von Lehrkräften vorgegebene (Mega-)Prompts. Durch sie erhält die KI einen anleitenden Charakter, kann aber dennoch offen eingesetzt werden. Darüber hinaus hängt es natürlich auch von der Aufgabenstellung und vom didaktischen Ort ab, wie frei die Tools von Lernenden genutzt werden können.

Aufgrund dieser Unterschiedlichkeit eigenen sich nicht alle Tools gleichermaßen für Schüler*innen aller Schularten und auch nicht für alle Altersstufen. Es macht Sinn, die Tools schrittweise und curricular einzuführen, sodass diese zunehmend selbstständig, evtl. auch kombiniert, als hilfreiche Feedback-Instrumente benutzt werden können.

Erfahrungen sammeln und Beispiele teilen

Die vorgestellten KI-Tools sind vielseitig nutzbar und für Schüler*innen wirksame Helfer beim Lernen. Obwohl sie sich in ihrer Anlage und ihren Funktionen stark unterscheiden, können alle vorgestellten Tools für lernförderliches Feedback eingesetzt werden. Je nach Schulart und Jahrgangsstufe macht es Sinn, KI-Feedback schrittweise einzuführen und mit einer angeleiteten Form zu beginnen. Darüber hinaus gilt es jetzt, mit den Tools Erfahrungen zu sammeln und Beispiele mit anderen zu teilen. Eine Anlaufstelle für derartige Erfahrungen stellt der empfehlenswerte Blog von Fiete dar, auf dem zum Beispiel Claudia Potthoff von der Qualität der Feedbacks im Einsatz in der gymnasialen Oberstufe berichtet hat. Mittelfristig können so effektive und neue lernförderliche KI-Routinen erprobt und diskutiert werden und Eingang in den Unterricht finden.

[i] Falck, J. (2023): Lernförderliches Feedback im Unterricht. Anregungen und Beispiele für eine effektive Rückmeldekultur – mit klassischen und digitalen Tools. Persen Verlag.

Joscha Falck
Joscha Falck

Joscha Falck ist Mittelschullehrer an der Mittelschule Rednitzhembach und Schulentwicklungsmoderator in einem Innovationsteam für digitale Bildung in Mittelfranken, Bayern. Neben seiner Unterrichtstätigkeit (Deutsch, Geschichte, Politik, Informatik) hält er Fortbildungen und berät Schulen und Steuergruppen bei Schulentwicklungsprozessen. Darüber hinaus ist er als Referent, Blogger und Autor tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind: Digitale Medien, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Didaktik des digital gestützten Unterrichtens, digitale Transformation an Schulen, Künstliche Intelligenz in Schule und Unterricht. Er unterstützt die Arbeit von IQES online durch redaktionelle Tätigkeiten und inhaltliche Beiträge. Darüber hinaus bietet er zusammen mit Hauke Pölert IQES-Webinare zum Thema »KI in Schule und Unterricht« an. Kontakt: www.joschafalck.de

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