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Fiete.ai in der Deutsch-Schulaufgabe

Das KI-basierte Feedback-System, das 2024 mit dem Didacta Start-up Award ausgezeichnet wurde, ermöglicht es mir, passgenaue Aufgaben mit den von mir gewünschten Feedback-Kriterien zu erstellen. Wie kann Fiete.ai in Prüfungen eingesetzt werden und zu einer neuen Prüfungskultur beitragen?
Joscha Falck

Joscha Falck

Joscha Falck ist Mittelschullehrer an der Mittelschule Rednitzhembach und Schulentwicklungsmoderator in einem Innovationsteam für digitale Bildung in Mittelfranken, Bayern. Neben seiner Unterrichtstätigkeit (Deutsch, Geschichte, Politik, Informatik) hält er Fortbildungen und berät Schulen und Steuergruppen bei Schulentwicklungsprozessen. Darüber hinaus ist er als Referent, Blogger und Autor tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind: Digitale Medien, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Didaktik des digital gestützten Unterrichtens, digitale Transformation an Schulen, Künstliche Intelligenz in Schule und Unterricht. Er unterstützt die Arbeit von IQES online durch redaktionelle Tätigkeiten und inhaltliche Beiträge. Darüber hinaus bietet er zusammen mit Hauke Pölert IQES-Webinare zum Thema »KI in Schule und Unterricht« an. Kontakt: www.joschafalck.de

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Arbeits- und Lernprozesse in der Schule weitreichend zu verändern. Dazu gehören Vorbereitungsroutinen mit KI-generierten Materialien ebenso wie der Einsatz von KI-Tools als Lernassistenz-Systeme. Letztere können Schüler*innen beim Lernen unterstützen, die Unterrichtsqualität verbessern und Lehrkräfte deutlich entlasten.

Im Beitrag Künstliche Intelligenz und lernförderliches Feedback habe ich beschrieben, welche Tools dafür eingesetzt werden können. Nach umfangreichen Tests hat sich Fiete aus vielerlei Gründen in meinem Unterricht bewährt. Fiete.ai ermöglicht es mir, Aufgaben mit ausgewählten Feedback-Kriterien zu erstellen. Meine Schüler*innen erhalten so genau die Rückmeldungen, die sie zum Aufbau der anvisierten Kompetenzen benötigen. Damit kann ich als Lehrkraft zahlreiche Übungszusammenhänge optimal steuern und selbstständiges Lernen mit individualisierten Rückmeldungen anleiten.

Verschiedene Überlegungen

Im Laufe der letzten Unterrichtssequenz im Deutschunterricht meiner 8. Klasse zu Kurzgeschichten und dem Schreiben von Inhaltsangaben (Mittelschule Bayern) kam die Idee auf, Fiete nicht nur zum Üben, sondern auch in der Deutsch-Schulaufgabe (bei uns Probe genannt) einzusetzen. Dazu mussten jedoch verschiedenste Überlegungen von der Aufgabenstellung über den Modus des Ausgebens und Einsammelns bis hin zu neuartigen Bewertungskriterien angestellt werden. Ohne Anspruch darauf zu erheben, dass der gewählte Weg schon optimal war/ist, möchte ich diese Überlegungen im Folgenden darstellen. Und ich wage die Prognose, dass wir in diesen Zeiten die Anfänge einer sich durch KI nachhaltig verändernden Aufgaben- und Prüfungskultur erleben.

Hintergründe und Ablauf

Anlass: Deutsch-Probe, Jahrgangsstufe 8, Mittelschule Bayern. Alle Schüler*innen haben ein elternfinanziertes und im Rahmen des bayerischen Pilotversuchs „Digitale Schule der Zukunft“ gefördertes iPad.

Themen-Schwerpunkt: Eine Inhaltsangabe zur Kurzgeschichte „Der Müllzerhacker“ von Marianne Kaindl schreiben.

Planung: Die Schüler*innen erhalten die Deutsch-Probe wie gewohnt in ausgedruckter Form. Nach einigen Fragen zu Grundwissen und grammatikalischen Übungsschwerpunkten werden die Lernenden aufgefordert, die Kurzgeschichte auf Seite 3 der Probe zu lesen. Auf Seite 5 folgen Fragen und Aufgaben zum Text. Dabei werden die Schüler*innen gebeten, eine Inhaltsangabe zur Kurzgeschichte zu schreiben.

Auf der Probe heißt es:

Arbeite dazu mit Fiete, so wie wir es im Unterricht geübt haben. Zur Aufgabe gelangst du, indem du den QR-Code scannst. Gib die Aufgabe am Ende bei Teams ab.

Es folgt der QR-Code, der die Lernenden zur Aufgabe auf die Oberfläche von Fiete führt. Hier sind sowohl der Arbeitsauftrag als auch die Kurzgeschichte noch einmal abgebildet. Zudem sind sieben Feedback-Kriterien hinterlegt und für die Schüler*innen auf „sichtbar“ gestellt. Die Rechtschreibprüfung ist aktiviert. Die Inhaltsangabe wird innerhalb der Oberfläche von Fiete geschrieben, mit Hilfe des Fiete-Feedbacks überarbeitet und nach der finalen Abgabe kopiert. In einer vorbereiteten Aufgabe (ein vorbereitetes Word-Dokument mit Proben-Kopf) wird der Text anschließend bei Teams eingefügt. Hier haben die Schüler*innen noch einmal die Möglichkeit, ihren Text aufgrund des zweiten Fiete-Feedbacks zu optimieren. Anschließend wird die Aufgabe digital abgegeben, eine weitere Bearbeitung ist nicht mehr möglich. Die anderen Aufgaben werden handschriftlich auf dem Proben-Papier bearbeitet.

Bei Fiete ist die Aufgabe wie folgt beschrieben:

Verfasse eine Inhaltsangabe zur vorliegenden Kurzgeschichte „Der Müllzerhacker“ von Marianne Kaindl. Die Kurzgeschichte liegt in gedruckter Form vor, du findest sie aber auch hier bei Fiete.

Bitte gib deinen Text digital ein und beachte die Kriterien, die du schon aus dem Unterricht kennst. Überarbeite deinen Text mit Hilfe des Fiete-Feedbacks nach der ersten Abgabe. Nach der finalen Abgabe kannst du das zweite Feedback nutzen, um letzte Anpassungen an deinem Text vorzunehmen, bevor du die Aufgabe bei Teams abgibst.

Die Nutzung weiterer KI-Tools ist nicht erlaubt.

Die bei Fiete hinterlegten Feedback-Kriterien sind in der Prüfung für Lernende sichtbar:

Darüber hinaus sind zwei weitere Aufgaben zur Inhaltsangabe vorbereitet. Diese bearbeiten die Schüler*innen handschriftlich auf dem Proben-Papier, nachdem sie die Inhaltsangabe geschrieben haben. Die Fiete-Programmoberfläche ist dabei noch geöffnet.

Die Aufgaben lauten:

Erläutere in eigenen Worten, an welchen Stellen dein Text durch das Fiete-Feedback besser wurde. Belege deine Aussage mit zwei Textstellen. (2 P.)

Entscheide dich für einen Bereich, bei dem das Feedback auch nach der ersten Überarbeitung noch nicht optimal ausgefallen ist. Erläutere in eigenen Worten, was deinem Text an dieser Stelle noch fehlt. (1 P.)

Darüber hinaus werden Fragen zum Inhalt der Kurzgeschichte gestellt.

Beobachtungen während der Prüfung

Der vorbereite Ablauf der Probe verlief im Großen und Ganzen ohne Zwischenfälle. Aufgrund der vorgeschalteten Übungen im Unterricht hatten die Lernenden keine Schwierigkeiten, sich auf den Prüfungsmodus mit QR-Code, iPad, digitaler Textbe- und überarbeitung und Abgabe der Aufgabe in der Lernplattform einzulassen. Dennoch konnte ich während der Probe einige Beobachtungen machen:

  • Die Schüler*innen waren teilweise verunsichert, weil die Sprachkorrektur Wörter markiert hat, die richtig geschrieben waren (z. B. Eigennamen).
  • Ein Schüler war vom Fiete-Feedback stark verunsichert (Feedback-Balken im mittleren Bereich). Er meldete sich und äußerte die Sorge, dass er jetzt „eine schlechte Note bekomme“.
  • Demselben Schüler war anzumerken, dass der Abgabe-Prozess (Text von Fiete kopieren, bei Teams in eine vorbereitete Aufgabe einfügen) Stress verursacht.
  • Einige Schüler*innen hatten zudem die Befürchtung, weniger Punkte zu bekommen, weil die KI einen Aspekt falsch bewertet. Während der Probe kam es z. B. vor, dass im Fiete-Feedback kritisiert wurde, dass die Autorin der Kurzgeschichte nicht genannt worden ist. Die Schüler*innen hatten die Autorin aber jeweils im Text vermerkt. An anderer Stelle stand im Fiete-Feedback, dass der Schüler besser chronologisch über die Geschichte schreiben solle. Das hatte er aber bereits getan und die Chronologie der Kurzgeschichte eingehalten.
  • Alle Schüler*innen nutzten die Textkorrektur-Funktion rege. Die Korrekturmöglichkeit schien Motivation zu stiften, den eigenen Text möglichst fehlerfrei und ohne Markierungen fertigzustellen.
  • Die Schüler*innen-Texte sind durchweg sehr viel länger als beim Schreiben von Hand.
  • Für den zweiten Überarbeitungsschritt wäre es hilfreich gewesen, wenn dieser auch innerhalb der Fiete-Oberfläche hätte erledigt werden können.

Zielperspektiven: Neue Kompetenzen

In der Arbeit mit Fiete und individuellem KI-Feedback ist es von großer Bedeutung, dass die Schüler*innen ihre Aufgaben nach Erhalt der ersten Rückmeldung überarbeiten. Dadurch fördert Fiete neben inhaltsbezogenen Kompetenzen automatisch auch Überarbeitungs- und Reflexionskompetenzen. Diese können über die Aufgabenstellung bewusst gemacht bzw. in der Prüfung abgefragt werden. Der Fokus wird so zusätzlich auf prozessbezogene Kompetenzen gerichtet.

Bewertung:

Für die Bewertung der Kurzgeschichte wird folgendes Punkteschema angelegt:

  • Einleitungssatz-Basis: 1 P.
  • Einleitungssatz-Inhalt: 1 P.
  • Inhalte Hauptteil: 4 P.
  • Satzanfänge abwechslungsreiche Sprache: 1 P.
  • Richtige Zeitform gewählt (Präsens): 2 P.
  • Schluss mit passender Formulierung und einem inhaltlichen Aspekt: 2 P.
  • Rechtschreibung und Sprache: 2 P.

Darüber hinaus werden die Überarbeitungskompetenzen geprüft und mit in die Bewertung einbezogen. Es können maximal 4 weitere Punkte erreicht werden.

  • 4 P. = Feedback wurde zur Überarbeitung des eigenen Textes durchgehend aufgegriffen.
  • 3 P. = Feedback wurde zur Überarbeitung des eigenen Textes überwiegend aufgegriffen.
  • 2 P. = Feedback wurde zur Überarbeitung des eigenen Textes teilweise aufgegriffen.
  • 1 P. = Feedback wurde zur Überarbeitung des eigenen Textes kaum aufgegriffen.
  • 0 P. = Feedback wurde zur Überarbeitung des eigenen Textes nicht aufgegriffen

Die beiden zusätzlichen Fragen zur Reflexion des eigenen Textes werden mit 2 bzw. 1 Punkt bewertet.

Beobachtungen während der Korrektur

  • Die Schüler*innen-Texte sind sprachlich besser als handgeschriebene Texte und beinhalten weniger Fehler.
  • Beim Korrigieren fällt auf, dass die Formulierungen des Fiete-Feedbacks wohl für einige Schüler*innen zu schwierig waren, z.B. bei der Verwendung von Fremdwörtern („variieren“, „chronologisch“, „prägnant“). Gut wäre es, wenn man als Lehrkraft bei der Erstellung der Aufgabe angeben kann, in welchem Schwierigkeitsgrad das Feedback verfasst werden soll.
  • Das Fiete-Feedback wurde von meinen Schüler*innen insbesondere dann aufgegriffen, wenn es sehr konkret formuliert war (z.B., wenn im Einleitungssatz der Name der Autorin gefehlt hat).
  • Das Fiete-Feedback ist bei inhaltlichen Hinweisen präziser als bei sprachlichen/rechtschriftlichen Aspekten. In mehreren Fällen wurde z. B. nicht erkannt, dass Schüler*innen die falsche Zeitform verwendeten.
  • Die digitale Verfügbarkeit der Kurzgeschichte hat einige Schüler*innen dazu verleitet, ganze Sätze aus dem Original-Text zu kopieren und in der Inhaltsangabe wortgleich zu verwenden.
  • Die Reflexionsfragen wurden überwiegend treffsicher beantwortet. Durch die Fragen haben sich die Schüler*innen noch einmal mit ihrem Text und dem Fiete-Feedback auseinandergesetzt.
  • Aus Lehrkräfte-Perspektive ist der Korrekturaufwand bei dieser Art von Schulaufgabe höher, was u. a. auf den Vergleichsaufwand zwischen den beiden Textversionen zurückzuführen ist.

Fazit

Es war folgerichtig, die Schulaufgabe im selben Stil zu schreiben, wie die Übungsphasen im vorhergehenden Unterricht organisiert waren. Der Einsatz von KI-Feedback mit Fiete hat dazu geführt, dass die Texte der Schüler*innen umfangreicher, inhaltlich gehaltvoller und sprachlich höherwertiger waren. Nach meinem Empfinden haben sich die Lernenden intensiver mit ihren Texten auseinandergesetzt und einen zusätzlichen Fokus auf Überarbeitung und Reflexion des erhaltenen Feedbacks gelegt. Im Vergleich mit anderen Klassen ist der Lernzuwachs deutlicher, was aus meiner Sicht auf die folgenden Punkte zurückzuführen ist: Durch den Einsatz von Fiete habe ich zum einen mehr Übungstexte schreiben lassen. Zum anderen hat jeder Schüler/jede Schülerin auf jeden Text eine individuelle Rückmeldung erhalten und konnte sich so stetig verbessern.

Der Hauptwert des Einsatzes von Fiete liegt bei der effizienten Organisation von Übungen – in diesem Fall beim Schreiben einer Inhaltsangabe im Fach Deutsch. Diese Art des Schreibens und Überarbeitens dann auch in der Schulaufgabe abzubilden, ist vielleicht nicht zwingend notwendig, um die Schüler*innentexte nach den gegebenen Kriterien zu bewerten. Es ermöglicht jedoch eine stärkere und erweiterte Kompetenzorientierung auch in der Prüfungssituation. Unterm Strich würde ich wieder so vorgehen.

Zusammen mit meinem Kollegen Jörg Schreiber habe ich bei der Entwicklung der Schulaufgabe über weitere Möglichkeiten für die Aufgabenstellung bzw. die Bewertung nachgedacht.

a) Alternative Bewertung des Endergebnisses:

Pro Kriterium wird ein zusätzlicher Punkt vergeben, wenn bei der finalen Abgabe ein Fortschritt erzielt wurde. Als Orientierung kann der Fiete-Balken dienen.

b) Weitere mögliche Reflexionsfragen:

Nenne einen Feedback-Aspekt, den du von Fiete nach der ersten Abgabe erhalten hast. Zeige anhand einer Textstelle deines Textes, wie du diesen Punkt überarbeitet hast.

Wähle einen Feedback-Aspekt, der dir für die Qualitätsverbesserung deines Textes besonders wichtig erscheint. Begründe deine Einschätzung.

Wähle einen Feedback-Aspekt, der dir vergleichsweise weniger einleuchtet oder den du für falsch hältst. Begründe deine Einschätzung.

c) Alternativer Workflow mit Microsoft 365 und Teams:

Auch die Zusatzaufgaben können digital bearbeitet werden, z. B. in Teams in einem vorbereiteten Word-Dokument oder einer vorbereiteten OneNote-Seite. Diese Dateien sind nach der Prüfung für die Schüler*innen gesperrt. Die Kriterien für die Bewertung und die Bewertung selbst können dann übersichtlich mit einer Rubrik in der Lernplattform Teams erfolgen.

Weitere spannende Einblicke in die praktische Arbeit mit Fiete findet Ihr auch auf dem Blog von Fiete! Darüber hinaus lohnt sich ein Blick auf die Seiten des Instituts für zeitgemäße Prüfungskultur!

Joscha Falck
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Joscha Falck ist Mittelschullehrer an der Mittelschule Rednitzhembach und Schulentwicklungsmoderator in einem Innovationsteam für digitale Bildung in Mittelfranken, Bayern. Neben seiner Unterrichtstätigkeit (Deutsch, Geschichte, Politik, Informatik) hält er Fortbildungen und berät Schulen und Steuergruppen bei Schulentwicklungsprozessen. Darüber hinaus ist er als Referent, Blogger und Autor tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind: Digitale Medien, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Didaktik des digital gestützten Unterrichtens, digitale Transformation an Schulen, Künstliche Intelligenz in Schule und Unterricht. Er unterstützt die Arbeit von IQES online durch redaktionelle Tätigkeiten und inhaltliche Beiträge. Darüber hinaus bietet er zusammen mit Hauke Pölert IQES-Webinare zum Thema »KI in Schule und Unterricht« an. Kontakt: www.joschafalck.de

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